Intelligente Fahrzeuge


Intelligenz ist, wenn man Dinge lernen oder verstehen kann oder weiß, wie man mit neuen und schwierigen Situationen umgeht. So zitierte Dieter Zetsche einen amerikanischen MIT-Forscher auf dem 16. Car Symposium und ergänzte: „Das wollen wir unseren Autos beibringen." Die Vision: Autonome Fahrzeuge sollen eines Tages selbstständig über Straßen auf der ganzen Welt fahren und komplexe Verkehrssituationen meistern, die im Detail nicht vorprogrammierbar sind. Dafür seien vor allem Daten ein wichtiger „Treibstoff", sagt der Daimler-Chef. Sie müssten im vernetzten Auto intelligent verarbeitet werden. Eine Aufgabe, der sich in einer neuen Entwicklungsabteilung der Daimler-Zentrale in Sindelfingen heute schon 600 Ingenieure und Techniker ausschließlich widmen. Ihre Arbeit sei entscheidend in die neue E-Klasse eingeflossen. Bis Autos tatsächlich gelernt hätten, zu eigenen Schlüssen und Entscheidungen zu kommen, sei es allerdings noch ein weiter Weg. Die traditionelle Rolle des Autos als individuelles Fortbewegungsgefährt mit Statuscharakter ist überholt. Davon ist Mary Barra überzeugt. Die Chefin von General Motors (GM) weiß, dass es längst nicht mehr um kontinuierliche Weiterentwicklung bei Fahrzeugen geht. Mit der Autonomität kommt es zu einem klaren Bruch, einer Disruption - das stellen auch die Neulinge im Markt wie Google oder Tesla unter Beweis. Der Herausforderung stellt Barra sich selbstbewusst: „Wir wollen die Disruption anführen, statt sie zu fürchten." Wertschöpfungspotenzial wer-de künftig in neuen Nutzungsmodellen wie Carsharing und in Services sowie Dienstleistungen rund ums Auto liegen. So verdiene GM sein Geld bereits heute zu rund 20 % im Bereich (Miet-)Service. Barra gestand gegenüber dem Veranstalter Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duis-burg-Essen, ein, dass die Technik mitwachsen müsse. Dazu passend kündigte die GM-Chefin in Bochum das erste voll-elektrische Fahrzeug des Herstellers für den europäischen Markt an: Der neue Opel Amperae soll ab 

Ende 2016 die Reichweite von 300 km knacken und dabei günstig zu kaufen sein. „Wir werden die Messlatte für Elektrofahrzeuge in Europa höherlegen", glaubt Barra. Fahrzeug-Know-how sei der entscheidende Vorteil der klassischen Automobilhersteller im Wettbewerb mit Google & Co., betonte die Amerikanerin. Neue digitale Funktionen müssten sicher ins Fahrzeug integriert werden. „Wir haben die nötige Erfahrung." Doch mit den selbstfahrenden Autos geht noch ein weiterer Paradigmenwechsel daher: im Interieur. „Das autonome Auto wird zum luxuriösen Wohnraum", er-klärte Daimler-Chefdesigner Hartmut Sinkwitz. 

Der neue E 400 4matic, der auf dem Bochumer Parkett Europapremiere feierte, präsentiert sich mit voll verglastem Cockpit und glänzendem Leder als „Wohlfühlskulptur", so Sinkwitz. Damit ändern sich auch Anforderungen und Aufgaben der Zulieferer. Faurecia, nach eigenen An-gaben größter Interieurlieferant, arbeitet u. a. in Kooperation mit Continental an Cockpits fürs autonome Fahren. „Elektronik und Dedie Frage: „Wer ist für die Datensicherheit verantwortlich?" Ein Szenario, das Martin Borret von IBM beschäftigt. „Ich liebe Autos und bin angetan von all den neuen Möglichkeiten wie autonomes Fahren oder Onlinediagnostiken", erklärt der CTO. „Aber als IT-Sicherheitsexperte bin ich auch nervös." Der Softwareriese IBM liefert Plattformen und Backends für die Digitalisierung des Autos. „Wir leben im Zeitalter des Cyber-crimes", weiß der CTO. Das Auto werde zunehmend ein attraktives Ziel. Datensicherheit könne gera-de in dem meist vernetzten Gerät der Zukunft nicht erst am Ende der Prozesskette ansetzen. „Wir brauchen Security by Design." Was das bedeutet, brachte Krypto-Chiphersteller NXP auf den Punkt. Für CTO Lars Reger liegt der Schlüssel in einer hersteller-übergreifenden Zusammenarbeit beim Thema Datensicherheit: „Die Kollaboration im Verbund wird wichtiger." Damit rennt er bei Armin Gräter von BMW offene Türen ein. Schließlich weiß der Leiter des Bereichsfunktionale Sicherheit bei BMW: „Man kann im Unternehmen nicht alle Kompetenzen auf-bauen." Immerhin hat man gerade in Deutschlands forschungs-stärkster Industrie seit vielen Jahren gute Erfahrungen mit der Entwicklung neuer Technologien und Produkte im Verbund gemacht. Gräter ist deshalb überzeugt: „Die deutsche Automobilindustrie hat die besten Voraussetzungen, ganz vorne zu spielen." Auch die Zulieferer zeigten sich in Bochum selbstbewusst. Viele Innovationen gingen schon heute auf ihr Konto. Oder mit den Worten Sczygiols: „Wir haben eine Zulieferermacht in Deutschland." Und die stellt sich auf immer breitere Beine. Da bringen sich neben den klassischen Lieferanten - von Bosch über Conti bis hin zu Brose - Frischlinge wie NXP aus dem IT-Spektrum ein. Daimler-Chef Zetsche jedenfalls ist optimistisch: „Die besten Zeiten des Autos kommen erst noch." 

„Wir wollen die Disruption anführen, statt sie zu fürchten.”  Über 95 % der Innovationen im Fahrzeug sind heute durch die Elektronik getrieben. Das weiß man auch im Hause Brose. Das Familienunternehmen - nach eigenen Angaben Marktführer für Türsysteme, Sitzstrukturen und An-triebe im Fahrzeug - bringt neuerdings eigene Software ins Auto. Neue Sitze von Brose sind elektronisch steuerbar und lassen sich übers Smartphone einstellen. Doch der neue Komfort sei auch eine Gefahrenquelle, wenn beispielsweise Hacker während der Fahrt das Umklappen von Sitzen auslösten, warnt Wolfgang Sczygiol. Nicht nur der Entwicklungsleiter von Brose stellt in Bochum

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