Grundlagen der Hochvolttechnik


Hochvolt (HV, Hochvoltsystem) ist im Gegensatz zur Hochspannung im Stromnetz ein Begriff der von der Gefährlichkeit für Menschen herrührt. Eine Berührungsspannung ab 120 Volt Gleichspannung (direct current, DC) ist gefährlich für gesunde Erwachsene, für Kinder usw. besteht Gefahr ab 60 V DC. Daher müssen in Fahrzeugen die Hochvolt-Komponenten, insbesondere Kabel, zur Warnung mit der Signalfarbe Orange gekennzeichnet werden, und Berührungsschutzmaßnahmen sind aufwendiger. Bei Wechselspannungen (AC) sind die Schwellwerte noch geringer, unter der Hälfte von DC.

Als Niedervoltsystem oder Niedervolt (NV) wird risikoarme Kleinspannung bezeichnet, etwa die 12 V oder 24 V DC mit denen das konventionelle Bordnetz von Fahrzeugen aus althergebrachten Bleiakkus versorgt wird. Hier sind Kontakte teils ohne Abdeckung blank, was für Berührung mit Fingern harmlos ist, im Gegensatz zu Kurzschluss mit einem Metallwerkzeug oder mit Starthilfekabel. In der Telekommunikation sind 48 Volt DC der de-fakto-Standard, beispielsweise für Komponenten von Mobilfunkstationen; vier 12V-Bleiakkus können Notstrom bereitstellen.

Mit dem Aufkommen von Lithium-Ionen-Akkumulatoren werden LiIon-Zellen mit typ. 3,6V Nennspannung je nach Anwendungszweck in Serie verschaltet, fünf in Akkuwerkzeugen mit 18 V Nennspannung und über 20V Ladeschlussspannung. Größere Geräte wie Rasenmäher nutzen wie E-Bikes meist 36V. Bei Elektrozweirädern mit 3000 Watt Nabenmotor und herausnehmbaren Wechselakku sind 60V üblich, wobei stärkere Varianten ab 72V an orangefarbenen Hochvoltkabeln erkennbar sind und höhere Schutzmaßnahmen erfordern.

Bei den ersten modernen Serien-Elektroautos wurden ca. 90 Zellen verwendet (88 im Mitsubishi i-MiEV ab 2009, 93 im Smart Electric Drive ab 2012, 99 im Tesla Roadster ab 2008). Die Spannung der vollgeladenen Akkus liegt dabei bei ca. 400V ungefähr auf dem Niveau des üblichen Dreiphasenwechselstrom (Europa 400V, USA 480V). Das war jahrelang der de-fakto-Standard, die Schnelllader-Systeme wie Chademo und CCS stellten nur maximal 500V DC bereit, bei Tesla Supercharger bis Version 3 war das noch so. Inzwischen gibt es bei PKW auch Modelle mit weit über 400V (meist 800V-Klasse genannt), neuere CCS-Stationen (HPC) und Tesla Supercharger V4 liefern bis 1000V, für LKW ist das Megawatt Charging System mit bis zu 1250V bzw. 1500V gedacht.

Auch bei Photovoltaik-Systemen sowie Stromspeichern ist eine Unterscheidung nach Hochvolt und Niedervolt üblich. Ein handelsübliches PV-Modul der 350W-Klasse liefert im Betrieb ca. 9 Ampere und um die 40 Volt und kann als Balkonkraftwerk relativ problemlos von Laien aufgebaut werden, wobei auch zwei oder drei parallel geschaltet werden können mit Y-Adaptern, je nach Wechselrichter-Eigenschaften. Die Niedervolt-Spannungslage passt gut zu 12V-Autobatterien oder 48V-Stromspeichern die als Einschübe für 19-Zoll-Schrank verfügbar sind, wobei meist Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LFP) aus China verwendet werden; auch diese können parallel geschaltet werden. Auch größere PV-Anlagen mit über 10 Modulen bzw. 3000 Watt können als reines Niedervoltsystem betrieben und ebenfalls speichergepuffert werden, wobei allerdings der Aufwand für groß dimensionierte Kabel steigt. Bei 4800 Watt Nennleistung aus 48V fließen immerhin 100 Ampere zum Wechselrichter, der dann mit 230V ca. 20 Ampere ins Netz einspeist.

Üblich ist bei PV jedoch Serienschaltung: bereits zwei verkettete Module sind im Hochvoltbereich, ein Strang (string) mit 25 Modulen erreicht durchaus 1000 Volt und mehr; dafür hat die Kabelschleife nur 10 A zu übertragen. Hier ist keine farbliche Kennzeichnung zur Warnung nötig, die Kabel sind meist schwarz und in 4mm² und 6mm² verfügbar. Relativ simpel ist es einen Stromspeicher mit AC zu koppeln, also an den normalen 230V-Ausgang des Wechselrichter bzw. irgendwo im Haus anschließen, einphasig oder dreiphasig. Dabei haben günstige 48V-Niedervoltspeicher aufgrund des größeren Spannungsunterschiedes und der höheren Ströme schlechtere Wirkungsgrade als Hochvoltspeicher die intern meist ähnlich wie Automobile mit ungefähr 400V arbeiten. Bessere Effizienz versprechen DC-gekoppelte Hochvoltspeicher, die Gleichstrom aus der PV aufnehmen und auf die nötige Gleichspannung gewandelt direkt in den Akku einspeichern, ohne unnötigen Zwischenschritt Wechselrichtung/Gleichrichtung. Nachteil dabei ist, dass zwei variable Hochvolt-Ebenen vorhanden sind, PV je nach Stranglänge und Wetter, und Akku je nach Zellenanzahl und Ladestand, und die DC/DC-Stufen entsprechend flexibel sein müssen.









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