Digitaliesierungsgefahren



Mit der Digitalisierung kommen von allen Seiten neue Herausforderungen auf die automobile Wertschöpfungskette zu: Vernetzte Autos müssen gegen Hackerangriffe und Datenspionage geschützt werden, automatisierte Fahrfunktionen verlangen eine sichere Rückfallebene, die Verlagerung von Funktionen auf die Softwareebene erfordert neue Herangehensweisen zur Aktualisierung. Mehr noch, sie öffnet die Tür zu neuen Wegen für die Modellpflege und sogar für alternative Geschäftsmodelle. Die Fahrzeugentwickler müssen sich dabei keineswegs nur mit Fragen der Technik befassen: Autos, die zumindest teilweise selbsttätig Fahrentscheidungen treffen, benötigen so etwas wie ethische Richtlinien für ihr Handeln. Alles in allem also eine sehr dynamische Themenmixtur für die Vordenker und Gestalter der Autobranche. Einen prominenten Platz nimmt das Thema IT-Security ein. 

Das ist nicht ganz überraschend, denn ohne Sicherungsmaßnahmen funktioniert weltweit kein IT-System. Die Autoindustrie hatte sich dem Thema bislang jedoch nur sehr zögernd geöffnet, offenbar befürchtete sie negative Auswirkungen auf ihr Image. Das Thema wurde früher abgeblockt, was heute eben nicht mehr geht.

Per Einbindung in die Cloud-Strukturen von Fahrzeugherstellern und Dienstleistern holen sich Autos in Zukunft von außen nicht nur Daten in ihre Navigations-und Unterhaltungssysteme, sondern auch Rechenleistung. Wer geht in den Knast, wenn etwas passiert - der Fahrer, der Hersteller oder das Auto?

Das gibt es auch in der kommerziellen Alltags-IT - bis auf die nicht ganz unwesentliche Tatsache, dass die IT Fahrzeuge bei hoher Geschwindigkeit steuert. Damit geht es nicht nur um den Schutz vor Hackerangriffen (Security), sondern auch um die funktionale Sicherheit des Fahrzeugs bei Computerfehlern (Safety). Absicherung der Fahrzeugelektronik durch sichere Authentifizierung auf der Ebene der Schnittstellen und der Datenbusse, durch eine Erkennung von Eindringlingen und durch eine Härtung der bordeigenen Datenverarbeitung. 

Letzteres könne z.B. durch Sicherung der Bootvorgänge und der Datenintegrität mit den Mitteln der Kryptografie und der Zugangssicherung erfolgen. Das dynamische Umfeld der Gadgets und Apps, die künftig auch im Auto laufen sollen, verlangt von der Branche eine flexiblere Haltung als bisher. Nie-mand wird mehr ein Auto vom Produktionsstart bis zum Lebensende in gleicher Form produzieren.  

Hier liegt noch ein weitgehend unbeackertes Feld für die Autoindustrie. Zwar ist das Instrument klar - Softwareupdates über Mobilfunk. Doch angesichts der vielen Möglichkeiten, die damit verbunden sind - von der Fehlerbeseitigung bis zum Verkauf nachträglich installierter Funktionen - muss die Branche noch einige Hausaufgaben machen. Bei der Entwicklung künftiger Fahrzeuggenerationen müssen die Ingenieure aber nicht nur ihr technisches Rüstzeug beherrschen. In dem Maße, wie Algorithmen den Fahrer unterstützen und ihm zunehmend Entscheidungen abnehmen, kommen auch Fragen der Ethik ins Spiel. Etwa dann, wenn ein selbstfahrendes Auto vor der Entscheidung steht, entweder einem Hindernis auszuweichen oder einen Passanten umzufahren. Das mag keine Frage sein, die sich mit den Bordmitteln der Technik lösen ließe, beschäftigen dürfte sie die Programmierer dennoch. Und nicht nur diese - die Frage nach der Verantwortlichkeit treibt gegenwärtig auch eine Ethikkommission des Bundestags um. Klar scheint bisher nur, dass derzeit in diesem Umfeld nichts klar ist. Wer geht in den Knast, wenn etwas passiert - der Fahrer, der Hersteller oder das Auto? Antworten darauf müssen die Vordenker aus Politik und Industrie erst noch finden.

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